Elektronische Zweitveröffentlichung
Worauf ist bei der Veröffentlichung in frei zugänglichen Repositorien (auch Dokumentserver oder Online-Archiv) und auf Websites zu achten?
Im Zuge der Zweitveröffentlichung werden wissenschaftliche Publikationen, die in einer Zeitschrift ohne Open-Access-Option publiziert wurden, ebenfalls frei verfügbar gemacht. Dies wird irreführenderweise auch als Selbstarchivierung (engl. self-archiving) bezeichnet. Oft spricht man hier auch von Open Access Grün oder Grüner Weg des Open Access.
Für die Umsetzung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:
- Einstellen auf einem institutionellen oder fachlichen Repositorium
- Einstellen auf der eigenen Website oder der persönlichen institutionellen Webseite.
Die zuletzt genannten Optionen haben den Nachteil, dass eine Langzeitarchivierung nicht gesichert ist und dass die Publikationen für die wissenschaftliche Gemeinschaft schlechter sichtbar sind. Im Gegensatz dazu ermöglicht die Aufnahme in ein fachliches oder institutionelles Repositorium die Einspeisung in weitere Suchdienste wie beispielsweise BASE. Daher wird empfohlen, ein Repositorium für die Zweitveröffentlichung zu nutzen. Auf der persönlichen Webseite sowie im ORCID-Profil kann dann darauf verwiesen werden.
Da bei der Einreichung eines Artikels bei einer Zeitschrift häufig umfangreiche Nutzungsrechte an den Verlag übertragen werden, ist die Zustimmung des Verlages zur Zweitveröffentlichung erforderlich. Viele Verlage gestatten eine Zweitveröffentlichung unter bestimmten Bedingungen, die den Zeitpunkt, die Artikelversion oder den Veröffentlichungsort betreffen. Einzelheiten hierzu regelt der Autor:innenvertrag, der vor einer Veröffentlichung abgeschlossen wird. Im Zweifelsfall ist eine Rückfrage beim Verlag ratsam. Informationsquelle kann auch die Webseite der jeweiligen Zeitschrift sein.
Die Datenbank Sherpa Romeo bietet zudem eine erste Orientierung darüber, unter welchen Bedingungen einzelne Zeitschriften und Verlage eine Zweitveröffentlichung einräumen, die Angaben sollten idealerweise aber nochmal auf der Verlagswebseite verifiziert werden, weil Änderungen dort in Sherpa Romeo nicht sofort übernommen werden.
Siehe auch
Zweitveröffentlichung: Wo findet man Vorabinformationen zu Zeitschriften unterschiedlicher Verlage
Autorenverträge (Verlagsverträge): Welche Aspekte sind relevant?
Embargofristen
Die meisten Verlage erlauben nach einer Sperr- oder Embargofrist von 6-24 Monaten die elektronische Zweitveröffentlichung. So können auch Publikationen, die ursprünglich nicht in Open-Access-Zeitschriften erschienen sind, nachträglich frei verfügbar gemacht werden.
Für die Zweitveröffentlichung geeignete Artikelversionen
Die Erlaubnis erstreckt sich in vielen Fällen nicht auf die Verlagsversion, sondern auf die letzte Manuskriptfassung, die zwar alle Änderungen aus dem Peer-Review-Verfahren enthält, aber noch nicht im Verlagslayout gesetzt ist. In der Regel setzen die Verlage voraus, dass auf die Originalversion mittels vollständiger bibliographischer Angabe einschließlich Link verwiesen wird.
Siehe auch
Preprint- und Postprint-Version: Was ist damit gemeint?
Zweitveröffentlichung: Wo findet man Vorabinformationen zu Zeitschriften unterschiedlicher Verlage?
Für eine Zweitveröffentlichung geeignete Repositorien
Viele Verlage machen außerdem Vorgaben dahingehend, welche Repositorien für eine Zweitveröffentlichung genutzt werden dürfen. In der Regel sind institutionelle und fachliche Repositorien erlaubt, wenn diese keine kommerziellen Interessen verfolgen. Der letzte Punkt schließt daher oftmals akademische soziale Netzwerke wie Research Gate oder Plattformen wie GitHub aus, weil diese wirtschaftliche Interessen verfolgen und nicht als Repositorium im eigentlichen Sinne gelten. Das Einstellen dort ist nur dann erlaubt, wenn Verlage und Plattform einen Vertrag geschlossen haben, der die Zweitveröffentlichung von Artikeln dort gestattet. Sollte die Wahl auf solch ein soziales Netzwerk oder eine Plattform fallen, empfiehlt es sich daher im Vorfeld zu prüfen, inwieweit sich Verlag und Plattform vertraglich geeinigt haben und ob im Falle einer Einigung der Upload des Artikels automatisch erfolgt oder ob sich Autor:innen darum selbst kümmern müssen.
Manche Forschungsförderorganisationen empfehlen zudem ein bestimmtes Repositorium oder machen es verpflichtend. Auch hier sollten Autor:innen sich im Vorfeld erkundigen, ob es entsprechende Vorgaben gibt.
Siehe auch
Repositorium (Dokumentserver oder Online-Archiv): Welches Repositorium eignet sich für die Publikation?
Fördermittel: Welche Vorgaben machen Mittelgeber bezüglich Open Access?
Zweitveröffentlichungsrecht
Durch die Urheberrechtsreform im Jahr 2014 ergibt sich für Deutschland ein gesetzlich verankertes Zweitveröffentlichungsrecht: Die Änderung sieht vor, dass der:die „Urheber[:in] eines wissenschaftlichen Beitrags, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist“ auch das Recht hat, „den Beitrag nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient“, selbst wenn dem Verlag oder dem:der Herausgeber:in ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt worden ist. Laut Gesetzestext ist die Quelle der Erstveröffentlichung anzugeben (vgl. § 38 Abs. 4 UrhG).
Das ausschließliche Nutzungsrecht verbleibt hierbei dennoch beim Verlag. Autor:innen erhalten für den Zweck der Zweitveröffentlichung lediglich das einfache Recht zum einmaligen Einstellen ihrer Publikation in ein Repositorium.
Das Zweitveröffentlichungsrecht bezieht sich lediglich auf die elektronische Zugänglichmachung der Publikation, eine körperliche Vervielfältigung ist ausgeschlossen. Autor:innen sind bei der Wahl des Ortes zur Zweitveröffentlichung frei, allerdings sollte sichergestellt sein, dass deutsches Recht zur Anwendung kommt, um Komplikationen zu vermeiden.
Dieses rechtlich verankerte Zweitveröffentlichungsrecht ist unabdingbar. Das bedeutet, dass seit 2014 der Abschluss eines Vertrages, der für Autor:innen nachteilige Regelungen vorsieht – also solche, die die Zweitveröffentlichung einschränken – unzulässig ist.
Diese Ergänzung des Urheberrechtsgesetzes betrifft vor allem Urheber:innen, deren Institutionen zu den vier großen Forschungsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft) gehören, oder Angehörige anderer außeruniversitärer Forschungsorganisationen, da nur diese institutionell gefördert werden. Für regulär an Universitäten Beschäftigte gilt dies nicht, es sei denn, die Publikation ist im Rahmen einer öffentlichen Projektförderung (z.B. im Rahmen von hochschulinternen Programmen, Drittmittel aus öffentlichen Quellen) entstanden. Aktuelle Auslegungen bestätigen eine Anwendbarkeit auch auf die gesamte Forschung an Hochschulen – siehe hierzu den Beitrag in der Liste IP-OA_Forum vom 25.10.2017: zum Beitrag.
Hinweise zur Zweitveröffentlichung von Publikationen, die nicht unter das oben beschriebene Zweitveröffentlichungsrecht fallen, finden sich in der Broschüre „Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftler: Geltende Rechtslage und Handlungsempfehlungen“ von iRights.Lab.
Weitere Aspekte, die es zu beachten gilt
Bei einer elektronischen Zweitveröffentlichung ist grundsätzlich die Zustimmung sämtlicher Autor:innen einzuholen, es sei denn, das Recht zur Entscheidung wurde dem „Corresponding Author“ überlassen oder die Verwertungsrechte wurden an die Institution abgetreten. Die Mitautor:innen dürfen ihre Zustimmung nicht ohne triftigen Grund verweigern.
Für die Zweitveröffentlichung wird in der Regel ein Vertrag zwischen Autor:in und der Einrichtung abgeschlossen, die das Repositorium betreibt. Manchmal übernimmt auch die Institution, an der die Autor:innen beschäftigt sind, den Vertragsabschluss.
Mit dem Einstellen einer Artikelversion auf ein Repositorium wird die Verfügbarkeit sichergestellt. Sollte die Veröffentlichung in mehreren Repositorien notwendig oder gewünscht sein, muss vorab geprüft werden, inwieweit dies seitens der Verlage gestattet ist.
Siehe auch
Autor:innenverträge (Verlagsverträge): Welche Aspekte sind relevant?
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Quellenangaben
Hartmann, T. (2017). Green OA mit Zweitveröffentlichungsrecht gem. § 38 Abs. 4 UrhG. 25. Oktober 2017, ipoa-forum. (abgerufen am 29.11.2022)
Weiterführende Links
BASE - Bielefeld Academic Search Engine
Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. September 1965, zuletzt geändert am 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), Bundesministerium für Justiz. (abgerufen am 29.11.2022)
Bruch, C. & Pflüger, T. (2014). Das Zweitveröffentlichungsrecht des § URHG § 38 Abs. URHG § 38 Absatz 4 UrhG – Möglichkeiten und Grenzen bei der Anwendung in der Praxis. Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, 58(5), 389-394.
Spielkamp, M. (2015). Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftler: Geltende Rechtslage und Handlungsempfehlungen. iRights.Lab, Policy Paper Series Nr. 1.