Urheberrecht und Wissenschaft: Was muss ich als Autorin/ als Autor wissen?
Grundsätzliches zur Urheber:innenschaft
Die Schöpferin oder der Schöpfer eines Werkes ist gleichzeitig auch seine Urheberin bzw. sein Urheber (§ 7 UrhG). Urheber:in kann nach deutschem Rechtsverständnis nur eine natürliche Person sein.
Beispiele für urheberrechtlich geschützte Werke im Wissenschaftsbereich sind:
- Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften,
- Beiträge zu Sammelbänden,
- Monografien / Bücher,
- Zeitungsartikel,
- Präsentationen, wissenschaftliche Poster,
- Fotos,
- Prüfungsarbeiten wie Bachelor-, Master- oder Diplomarbeiten sowie Dissertationen und Habilitationen.
Grundsätzlich muss eine persönliche geistige Schöpfung vorliegen. Zudem muss eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreicht werden, Inhalt und Form somit Ausdruck von Individualität und Kreativität sein. Aus diesem Grund greift bei Forschungsdaten nicht immer das Urheberrecht.
Zu beachten ist auch, dass Ideen alleine nicht urheberrechtlich geschützt sind, sondern lediglich deren konkrete Ausprägung – in der Wissenschaft ist das in der Regel die Verschriftlichung in Textform. Der urheberrechtliche Schutz gilt dabei nur für das Werk.
Siehe auch
Forschungsdaten: Was muss bei der Veröffentlichung beachtet werden?
Das Urheberpersönlichkeitsrecht
Das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12–14 UrhG) regelt, dass der:die Urheber:in alleine über das Ob und Wie einer Veröffentlichung bestimmen darf und dass seine:ihre Urheber:innenschaft anerkannt werden muss. Zudem bietet es Schutz vor Entstellung und Beeinträchtigung des Werkes.
Das Urheber:innenrecht tritt mit der Schaffung eines Werkes automatisch in Kraft und gilt auch für unveröffentlichte Werke sowie für Skizzen. Eine Urheber:innenschaft ist nicht übertragbar, endet 70 Jahre nach dem Tod der Urheberin bzw. des Urhebers und ist vererblich (§ 64 UrhG; § 28 UrhG).
Den Urheber:innen obliegt das ausschließliche Recht, das Werk zu verwerten, und das Recht auf öffentliche Wiedergabe. Das für wissenschaftliche Publikationen relevante Verwertungsrecht umfasst neben dem Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG) insbesondere das Vervielfältigungs- (§ 16 UrhG) und das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG). Im Hinblick auf die öffentliche Wiedergabe ist das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung von Interesse (§ 19a UrhG). Damit ist in erster Linie die Online-Zugänglichmachung gemeint.
Einräumen von Nutzungsrechten
Um diese obengenannten Rechte wahrzunehmen bzw. ihre Wahrnehmung Dritten zu ermöglichen, besteht die Möglichkeit zum Einräumen von Nutzungsrechten seitens der Urheber:innen. Hierbei wird unterschieden zwischen einem ausschließlichen und einem einfachen Nutzungsrecht. Mit der Übertragung des einfachen Nutzungsrechts dürfen die Inhaber:innen (z.B. Verlag oder Herausgeber:in) das Werk auf die erlaubte Weise nutzen. Mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht dürfen die Inhaber:innen das Werk auf die erlaubte Weise unter Ausschluss aller anderen Personen nutzen und weitere Nutzungsrechte vergeben. Dies beinhaltet auch, dass Urheber:innen unter Umständen von der Nutzung der eigenen Werke ausgeschlossen werden können. Nutzungsrechte können räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt werden (§ 31 UrhG).
Grundsätzlich sollten für die Veröffentlichung so wenig Rechte wie möglich abgetreten werden, wenngleich die Verlage in der Regel eine umfassende Rechteübertragung fordern.
Siehe auch
Autor:innenverträge (Verlagsverträge): Welche Aspekte sind relevant?
Die Miturheber:innenschaft
Verfassen mehrere Schöpfer:innen gemeinsam ein Werk, so gelten alle Beteiligten als Miturheber:in. Ihnen obliegt gemeinsam das Recht auf Verwertung und das Recht auf öffentliche Wiedergabe. Diesbezügliche Entscheidungen können die Urheber:innen nur gemeinsam treffen. Auch über Änderungen am Werk muss gemeinsam entschieden werden. Einwilligungen dürfen von einzelnen Miturheber:innen allerdings nicht „wider Treu und Glauben“ verweigert werden (§ 8 UrhG). In der Praxis benennen Autor:innengruppen zumeist einen „corresponding author“, die bzw. der unter anderem die Verhandlungen mit dem Verlag führt.
Zitieren im wissenschaftlichen Kontext
Grundsätzlich dürfen urheberrechtlich geschützte Werke nur mit Zustimmung der Urheber:innen oder der Rechteinhaber:innen genutzt werden. Um die im wissenschaftlichen Diskurs notwendigen Bezüge zu anderen Werken zu ermöglichen, wurde durch das Zitatrecht (§ 51 UrhG) eine wirksame Schranke gesetzt. Hierbei dürfen ohne Zustimmung der Urheberin oder des Urhebers Teile eines Werkes (je nach Kontext auch ganze Werke wie z. B. ein Gedicht) als Zitat verwendet werden, ohne dass Rücksprache gehalten werden muss.
Allerdings setzt das Gesetz hierfür auch einen engen Rahmen: Eine Übernahme ist nur zulässig, wenn sie als Beleg für eine Aussage herangezogen werden soll. Eine unkommentierte Übernahme zur Illustration oder dekorativen Zwecken ist nicht erlaubt bzw. bedarf der Zustimmung der Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen und ist vergütungspflichtig. Zudem muss die Länge des Zitats verhältnismäßig sein, wenngleich es keine Grenzen hinsichtlich des Umfangs gibt. Eine wörtliche Übernahme hat zudem unverändert zu erfolgen. Darüber hinaus muss die Quelle angegeben werden (§ 63 UrhG). Diese Regelungen gelten nicht nur für Texte, sondern auch für Abbildungen, Graphiken etc., weil diese ebenfalls urheberrechtlich geschützt sind. Auch die Übernahme von Fotos und Bildern kann durch das Zitatrecht gedeckt sein, allerdings sind hier die Grenzen des Zulässigen schnell überschritten.
Die gute wissenschaftliche Praxis sieht vor, dass Urheber:in und Quelle bei der Übernahme eines wörtlichen Zitats in das eigene Werk genannt werden. Gleiches gilt für gedankliche Übernahmen (beispielsweise bei einer Paraphrase). Auch die Übernahme von Zitaten aus eigenen wissenschaftlichen Arbeiten und Texten ist kenntlich zu machen, andernfalls kann dies als Selbstplagiat gewertet werden.
Weitere Informationen hierzu:
- Leitlinien zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis der DFG
- Gemeinsames Positionspapier des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV): Gute wissenschaftliche Praxis für das Verfassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten
Siehe auch
Zitieren im wissenschaftlichen Kontext: Was muss hier beachtet werden?
Gute wissenschaftliche Praxis, wissenschaftliches Fehlverhalten und wissenschaftliche Integrität: Was hat es damit auf sich?
Nicht durch das Zitatrecht gedeckte Übernahmen
Alle Übernahmen, die durch das Zitatrecht nicht gedeckt werden (größerer Umfang, Illustrationszwecke etc.), sind grundsätzlich erlaubnis- und vergütungspflichtig. Hierzu ist der:die Urheber:in bzw. der:die Rechteinhaber:in zu kontaktieren. Bei größeren Verlagen findet man ein entsprechendes Formular zur Rechteeinholung auf der Website.
Dies gilt insbesondere auch für die Übernahme von eigenen Texten, Abbildungen, Grafiken etc., die bereits veröffentlicht wurden und bei denen die Nutzungsrechte an einen Verlag abgetreten wurden. Häufig tritt dieser Fall im wissenschaftlichen Kontext bei kumulativen Dissertationen auf, denen bereits veröffentlichte Publikationen zugrunde liegen. Generell sind die Verlage hierauf eingestellt und erlauben eine entsprechende Verwendung. Um Komplikationen zu vermeiden, sollte man sich bei der Veröffentlichung der Einzelartikel bereits das Recht reservieren, die Publikation im Rahmen einer Dissertation erneut verwenden zu dürfen.
Besondere Vorsicht ist bei der Übernahme von Kartenmaterial geboten, weil dieses ebenfalls meist dem Urheberrecht unterliegt. Hier sollten Kartenanbieter:innen stets um Erlaubnis gefragt werden, es sei denn, es werden Dienste genutzt, die Kartenmaterial explizit frei zur Verfügung stellen, wie z.B. Open Street Map. Gleiches gilt auch für die Verwendung von Fotos oder Bildern.
Bei Übernahme von anderen Materialien, die über das Zitatrecht hinausgehen, kann die Rückfrage bei dem:der Urheber:in unter Umständen entfallen, wenn das Werk unter eine Open-Content-Lizenz wie zum Beispiel der Creative-Commons-Lizenz gestellt wurde.
Siehe auch
Creative-Commons-Lizenzen: Was ist darunter zu verstehen?
Nutzungsrechte bei Arbeits- und Dienstverhältnissen
Generell bleiben die Urheberpersönlichkeitsrechte auch bei der Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen eines Arbeits- und Dienstverhältnisses gewahrt. Allerdings gehen die Nutzungsrechte auf den:die Arbeitgeber:in an solchen Arbeiten über, die zum (Kern-)Aufgabenbereich der Arbeitnehmer:innen gehören. Idealerweise sollten diese im Arbeitsvertrag benannt werden, damit es nicht zu Irritationen kommt. Sofern im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt, gehen die Nutzungsrechte für unbegrenzte Zeit auf den:die Arbeitgeber:in über, erstrecken sich aber nicht auf Arbeiten, die vor und nach Beginn des Arbeitsverhältnisses entstanden sind. Generell gilt dies für sämtliche Arbeits- und Dienstverhältnisse. Eine Ausnahme bilden allerdings Professor:innen, sofern sie nicht in einem Angestelltenverhältnis stehen. Hier gehen die Nutzungsrechte nicht automatisch an die Hochschule über. Damit Hochschulen die Arbeitsergebnisse dennoch nutzen dürfen, sind klare vertragliche Absprachen notwendig.
Gibt es eine Verpflichtung zur Publikation und zu Open Access?
Wie sich aus §§ 12–14 Urheberrechtsgesetz ergibt, entscheidet der:die Urheber:in über das Ob und Wie einer Veröffentlichung, so dass eine „Pflicht zur Veröffentlichung“ zunächst ausgeschlossen werden kann. Allerdings sind Publikationen das Medium in der Wissenschaft, über das Ergebnisse und Erkenntnisse kommuniziert werden. Folglich sind einschlägige Publikationen über die eigene Forschungsarbeit essentiell für das Fortkommen im Wissenschaftsbetrieb und Einwerben von Fördermitteln. Zudem gehört das Forschen und Publizieren von wissenschaftlichen Ergebnissen im Rahmen eines Dienstverhältnisses häufig zu den Kernaufgaben und ist daher mit entsprechenden Erwartungen der Arbeitgeber:innen und rechtlichen Verpflichtungen verknüpft. Ausnahmen gelten hier wiederum für Professor:innen. Ähnliches gilt für Veröffentlichungen in Open Access.
Im Rahmen der Drittmittelprojektförderung haben mittelgebende Einrichtungen allerdings das Recht, bestimmte Bedingungen an die Zuwendung zu knüpfen. Dazu kann auch gehören, dass Ergebnisse publiziert und frei zugänglich gemacht werden müssen.
Zur Erlangung des Doktorgrades ist es zudem Pflicht, die Dissertation zu veröffentlichen. Diese Pflicht zur Veröffentlichung wird allerdings nicht durch das Urheberrechtsgesetz geregelt, sondern über die Promotionsordnung der jeweiligen Universität oder Hochschule.
Siehe auch
Dissertationen: Was müssen Promovierende bei der Publikation ihrer Doktorarbeit beachten?
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Quellenangaben
Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 9. September 1965, zuletzt geändert am 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), Bundesministerium für Justiz. (abgerufen am 29.11.2022)
Weiterführende Links
ITM - Zivilrechtliche Abteilung: Materialien
Klimpel, P. & Weitzmann, J. H. (2015). Forschen in der Digitalen Welt: Juristische Handreichung für die Geisteswissenschaften. DARIAH-DE working papers 12. GOEDOC, Göttingen.
Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis: Kodex vom September 2019, korrigierte Version 1.1, Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V.
Gemeinsames Positionspapier des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV) vom 9. Juli 2012: Gute wissenschaftliche Praxis für das Verfassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten. Deutscher Hochschulverband.
Urheberrecht in der Wissenschaft vom Juli 2023, BMBF.